Karsten liebt Tennis
Karsten liebt Tennis schon, seit er ein kleiner Junge ist. Mittlerweile ist er ein junger Mann und hat einen Traum:
die Landesmeisterschaften in seinem Bundesland zu gewinnen.
Es fehlt etwas zum Erfolg
Jede Woche trainiert er mehrmals bei seinem Coach Manfred, der ein sehr erfolgreicher ehemaliger Tennisspieler ist, viel Fachkompetenz hat und Karsten inhaltlich fast alles über Tennis beibringen kann.
Es gibt nur ein Problem: Manfred ist ein Trainer „alter Schule“. Er spricht wenig, und wenn, dann eher top-down. Er glaubt auch daran, dass seine Spieler durch Druck am besten werden.
Karsten fühlt sich dadurch zu wenig motiviert, und mit Druck kann er auch nur begrenzt umgehen. Fachlich hält er viel von Manfred und möchte ihn als Trainer auch nicht aufgeben. Trotzdem muss sich aus seiner Sicht etwas ändern.
Lösung gesucht
Da er sich sicher ist, dass Manfred einem Gespräch mit einer dritten, vermittelnden Person nicht zustimmen wird, lässt er sich in einem Termin mit mir beraten, wie er ein Gespräch mit Manfred am besten angehen kann, ohne dass dieses sofort eskaliert. Er bekommt von mir zahlreiche Anregungen verschiedenster Art, damit das Gespräch gut gelingen kann. Einige stelle ich Euch hier vor:
Vorbereitung ist alles
Er bittet Manfred um das Gespräch. Dieses findet ungestört und abseits des Trainingsgeländes statt, um Unterbrechungen zu vermeiden. Zum Glück ist dieser so offen, dass er sich darauf einlässt. Auf mein Anraten stellt sich Karsten kurz vor dem Termin in Gedanken schon einmal vor, wie erfolgreich das Gespräch verlaufen wird, in allen Farben und mit allen positiven Gefühlen. So richtet er sein Gehirn schon auf ein positives Ergebnis aus.
Begegnung auf Augenhöhe
Dann beginnt Karsten das Gespräch mit der Wertschätzung und Anerkennung von Manfreds fachlichen Fähigkeiten als Trainer, z.B., dass er sehr dankbar darüber ist (und das ist er wirklich!), dass Manfred ihn trainiert, weil er bei ihm so viel lernen kann wie vorher bei keinem anderen Trainer.
Im weiteren Verlauf des Gespräches folgt Karsten unserem gemeinsam entwickelten Leitfaden. Eine Möglichkeit war folgende:
1. Was habe ich beobachtet?
„Du, Manfred, ich habe gesehen, dass Du Entscheidungen im Training triffst, ohne mit mir darüber zu sprechen.“
2. Wie fühle ich mich dabei?
„Ich komme mir dann so hilflos vor, und das macht mich ärgerlich und demotiviert mich.“
3. Welches Bedürfnis ist dann nicht erfüllt?
„Ich kann dann Deine Entscheidungen nicht nachvollziehen und verstehen.“
4. Welchen Wunsch habe ich an das Gegenüber?
„Ich wünsche mir, dass Du mir Deine Entscheidungen erklärst.“
Dabei spricht er nur aus der Ich-Perspektive, d.h., was ihn bewegt. Vorwürfe oder Schuldzuweisungen an Manfred, Verallgemeinerungen und sogenannte Killerphrasen (z.B. „Das hast ja eh keinen Sinn“) sind tabu. Mit weiteren Sätzen, die sich Karsten vorher grob überlegt hat, entwickelt sich ein konstruktives Gespräch mit seinem Trainer, in dem er alle Anliegen, die er hat, loswerden kann. Am Ende des Gespräches sagt sein Trainer: „O.k., Junge, wir können es ja mal so versuchen.“
Ein neuer Anfang
Nun liegen zwischen Sagen und Tun manchmal ganze Welten. Die beiden haben aber auch eine Einigung darüber gefunden, was passieren soll, wenn alte Verhaltensweisen wieder auftauchen: bei einem Bier im Vereinsheim nach Trainingsende wird das angesprochen, an das Vereinbarte erinnert und eventuell modifiziert, falls es so nicht mehr passt.
Karsten und Manfred haben eine Weile gebraucht, um die neuen Ansätze in ihren Trainingsalltag zu integrieren, aber mittlerweile funktioniert die Kommunikation recht gut, z.B. auch, dem Anderen genau zuzuhören.
Zwischen beiden hat sich dadurch ein tieferes Vertrauen entwickelt, das dazu führt, dass Karsten den Mut hat, störende Dinge sofort anzusprechen, und Manfred ihm auf Augenhöhe begegnet. Andere Spieler, die Manfred trainiert, profitieren auch schon davon.
Spiel, Satz und Sieg
Wie der Fall mit Karsten und Manfred ausgegangen ist? Karsten ist viel besser geworden und hat seinen bisher größten Erfolg mit dem 3. Platz bei den Landesmeisterschaften erreicht. Ich freue mich wahnsinnig mit ihm!
Kommentar schreiben