Coaching in Krisenzeiten
Dir ist, als hätte man dir den Stecker gezogen? Plötzlich von 100 auf Null, von Tun und Beschäftigtsein zu Nichts oder wenig machen können, wollen oder sogar müssen? Von vier bis sechs Mal die Woche nach ausgewogenem Trainingsplan zu Notfall-Indoor-Trainingsplänen ohne Trainingspartner trainieren?
Von Starre und Lähmung nichts zu spüren, aber du könntest es jedem, der dir im Weg steht, eine `rüber ziehen, besonders denen, die sich nicht an die Regeln halten? Die Existenz deines Sportvereins ist in Gefahr, aber die alten Männer und Frauen da an der Spitze haben es immer noch nicht kapiert, dass online jetzt sehr viel möglich wäre, um ihn zu retten? Du hälst den vorgeschriebenen Abstand an der Supermarktkasse, um deinen Eiweißshake zu bezahlen, aber der beknackte Kunde hinter dir nicht?
Oder bist du der Typ, der jetzt besonders aktiv ist, um der Krise entgegen zu wirken, allerdings mit wenig Plan und viel Energieeinsatz, der zu Erschöpfung führt? Eigentlich weißt du, dass viel trainieren nicht unbedingt viel hilft, machst es aber trotzdem, weil du Angst vor Muskel- und Konditionsabbau hast?
Dann willkommen im Club, Mensch! Alle Ansätze haben als Antrieb Angst. Und das ist auch völlig o.k.! Du bist o.k.!
Ich habe in den letzten Wochen sehr viel über Krisenmanagement, Krise als Chance, fokussiere dich auf die Möglichkeiten etc. gehört und gelesen. Ich habe es auch selbst meinen Coachees, Workshop-Teilnehmern, Newsletter-Lesern etc. "gepredigt". Aber vorher war auch ich angstgesteuert. Krise als Chance, ich konnte es nicht mehr hören. Der innere Kritiker, der mich mahnte, dass ich jetzt doch dieses und jenes tun, vorantreiben, sagen müsste. Bullshit!
DU, ICH, WIR dürfen Angst haben, in Starre verfallen, in den Angriff übergehen, Aggressionen haben, in blinden Aktionismus verfallen! Der größere Schaden würde entstehen, wenn wir es NICHT täten, weil sie dann in uns wie Nebel wabert und wir unsere negativen Gefühle nicht verarbeiten. Also erlaube dir, schlecht drauf zu sein!
Lösungen finden
Wir sollten natürlich nicht ewig in diesem Zustand verharren. Das Annehmen ist der erste Schritt zur Verarbeitung, und er dauert bei dem Einen länger und bei dem Anderen kürzer. Was dann aber wichtig wird, ist, dass wir uns selbst gut kennen (lernen). Hast du das Gefühl, du kennst dich gut? Wenn nicht, fange jetzt damit an, nicht erst in der nächsten großen Krise! Je besser wir wissen, wie wir auf unvorbereitete, einschneidende Ereignisse reagieren, desto mehr und schneller sind wir mit uns selbst und damit auch mit der Welt in Frieden.
Wie lerne ich mich also selbst gut kennen?
- Lies gute Bücher zum Thema Persönlichkeitsentwicklung , schaue inspirierende Videos, höre ebenso inspirierende Podcasts und probiere dann neue Dinge aus (erst dann weißt du, ob sie zu dir passen oder nicht).
- Teste dich selbst (z.B. mein Konfliktstil, Big-Five-Persönlichkeitstest)
- Tausche dich mit Menschen aus, die es gut mit dir meinen, selbst daran interessiert sind, sich besser kennen zu lernen, und lass dir von ihnen Feedback geben.
- Lass dich unterstützen. Ob nun Coaching, Beratung, Therapie - finde heraus, was gerade am hilfreichsten für dich ist.
Erlaube dir selbst deine Gefühle
Das allerwichtigste Learning, das meine Coachees in diesen letzten weltbewegenden, außerordentlichen, Wochen gemacht haben, war, dass sie so sein dürfen wie sie sind. Keine Selbstoptimierung, kein Etwas-erreichen-wollen/müssen, einfach mal wütend, traurig, depressiv, verzweifelt sein dürfen. Die größte Angst dahinter ist ja, dass wir ewig in diesem Zustand verharren werden.
Wenn wir uns aber selbst immer besser kennen lernen, wissen, wie und warum wir in Krisenzeiten so oder anders reagieren oder andere Krisen oder Herausforderungen gut bewältigt haben, haben wir das Vertrauen, dass es danach weiter gehen wird. Meistens sogar besser als vorher.
Das wünsche ich dir aus vollstem Herzen!
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